Missverständnis Nr. 4: Beteili­gung funktioniert nur ganz oder gar nicht

Wie die unterschiedlichen Stufen der Beteiligung zeigen, ist ein Schwarz-Weiß-Denken beim Thema Partizi-pation unangebracht. Auf der einen Seite geht es um die Entscheidung, bei welchen Fragen und in welchem Maß der Staat die Bürgerinnen und Bür-ger beteiligt und somit auch bewusst Entscheidungsmacht und -kontrolle abgibt. Denn je höher die Intensitäts-stufe der Partizipation, desto mehr Einfluss erhält der Bürger. Zudem wächst mit jeder Stufe auch der Grad an Komplexität und Aufwand des Be-teiligungsverfahrens. Zum unerlässli-chen Aufwand gehört die transparente Gestaltung und Aufklärung: Wie läuft ein Verfahren genau ab und wie fließt die Beteiligung in Entscheidungen ein? Nichts ist schlimmer als Pseudo-Beteiligung, bei der unklar bleibt, ob und inwiefern Partizipationsbeiträge überhaupt berücksichtigt werden. Auf der anderen Seite steht die Frage, in welchem Maße sich Bürgerinnen und Bürger beteiligen wollen. Es gibt Themen, mit denen sich einige nicht befassen wollen, die sie nicht interes-sieren oder die ihnen zu komplex sind, und somit gibt es Entscheidungen, die sie lieber ihren gewählten Vertretern überlassen. Deutschland hat als re-präsentative Demokratie (noch) keine ausgeprägte Beteiligungskultur, aber durch das Web 2.0 ist ein Mit-Mach-Trend entstanden, der für die Parti-zipation genutzt werden kann und sollte. Das hier viel Potential besteht, zeigen Beispiele wie change.org: Seit-dem die Plattform im Sommer 2012 in Deutschland startete, haben sich 1,5 Millionen Menschen hierzulande registriert, um Petitionen zu starten oder zu unterstützen. Durch die Ver-knüpfung mit sozialen Netzwerken verbreiten sich Petitionen oft in ra-santem Tempo. So bietet der digitale Kanal die große Chance, innerhalb kurzer Zeit mehr Menschen zu errei-chen und zu beteiligen als es analog jemals möglich wäre.

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