Missverständnis Nr. 3: Digitale Beteiligung bedeutet direkte Demokratie

Oft wird digitale Beteiligung mit di-rekter Demokratie in einen Topf ge-worfen. Dabei werden zwei Ebenen vermischt. Einerseits gibt es den Grad, in dem Bürgerinnen und Bür-ger beteiligt werden sollen, also ver-> Youthpart – Jugendbeteiligung in der digitalen Gesellschaft19schiedene Intensitätsstufen der Be-teiligung. Auf der anderen Seite gibt es Kanäle, die verwendet werden. Stufen und Kanäle können beliebig kombiniert werden. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) unterschei-det bei Beteiligungsverfahren die drei Stufen Information, Konsultation und Zusammenarbeit. Bei Verfahren der untersten Stufe stellt die öffentliche Hand Informationen bereit. Das kann sowohl analog geschehen, indem etwa ein Planentwurf zur Stadtentwicklung öffentlich ausgelegt wird, als auch digital auf Portalen wie GovData. Bei Konsultationen kommt der Aufruf hinzu, sich an Fragestellungen zu be-teiligen und den Amts- oder Mandats-tragenden auf diese Weise Input zu liefern. Wie man für eine solche Kon-sultation eine Multi-Kanal-Strategie fährt, hat die niedersächsische Stadt Lohne vorgemacht: Bürgerinnen und Bürger konnten Ideen für die Stadt-entwicklung abgeben per Webseite, Facebook-Seite, Postkartenaktion, Anruf, Fax, Brief sowie an Sitzungen teilnehmen. Wenn die Beteiligten mit Mandatstragenden in einen Diskurs treten, in dem Argumente wechsel-seitig ausgetauscht werden, spricht man von interaktiver Zusammenar-beit. Ein Beispiel ist das integrierte Energie- und Klimaschutzprojekt des Landes Baden-Württemberg, bei dem auch Kanäle kombiniert wurden: Bürgerinnen und Bürger waren auf-gerufen, Maßnahmen online zu kom-mentieren und diskutieren sowie an Bürgertischen mitzuberaten. Während bei diesen drei Stufen die Entschei-dungshoheit bei den Amts- und Man-datstragenden bleibt, entscheiden bei Wahlen und Abstimmungen – der vierten Stufe der Beteiligung – die Bürgerinnen und Bürger. Erst bei die-ser Stufe handelt es sich um direkte Demokratie – unabhängig davon, ob die Beteiligten analog oder digital ihre Stimme abgeben.

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